Folgende Email erhielt ich am Wochenende von einem Käufer meiner CD „Deine Seele erzählt“. Die CD enthält eine Anleitung zur Selbstrückführung. Bitte lest erst die Email des Käufers und danach, was ich diesem geantwortet habe. Ich würde mich auch sehr darüber freuen, wenn ihr mir mitteilt, wie ihr die Sache seht.
Sehr geehrte Frau Weitzels,
letztes Jahr habe ich Ihre CD “Deine Seele erzählt” gekauft und mehrmals ausprobiert – einmal ist dabei etwas ein wenig “schief gelaufen”. Daher meine Anfrage:
Ich habe die CD bei mir selbst und einem Sohn (12) ausprobiert und sie hat bei mir nicht, aber bei meinem Sohn auf Anhieb funktioniert. Ermutigt dadurch und durch das Buch von (Anmerkung von Kristine: Ich habe hier den Namen des Buches und des Autors entfernt) …bei der die Rückführungen bei Kindern entweder eine positive oder keine Wirkung hatten, habe ich dann die CD auf einem Familienwochenende, an dem ich mit meiner Familie teilnahm, mit interessierten Teilnehmern ausprobiert. Es waren 2 Erwachsene und 4 Jugendliche dabei. Da passierte nun leider etwas, was ich nicht einkalkuliert hatte: Eine Jugendliche bekam genau in dem Moment, als sie ihr früheres Leben betreten sollte, keine Luft mehr und fing zu schluchzen an. Ich habe mich sofort um sie gekümmert und ihre Mutter auch, die zum Glück eine der Teilnehmerinnen war. Die Atemnot hielt eine Weile an (die Jugendliche hatte übrigens früher starkes Asthma, inzwischen nur noch selten und leicht). Die Jugendliche war wohl ca. eine halbe Stunde lang komplett durch den Wind und erzählte mir später, dass sie ein dunkles Tor und dunkle Häuser gesehen, eine starke Hitze gespürt und im selben Moment keine Luft mehr bekommen hätte.
Auf dem Familienwochenende sorgte dieser Vorfall für heftige Diskussionen und auch deutliche Vorwürfe an mich – von denen mir bis jetzt noch nicht ganz klar ist, wie berechtigt sie sind. Ein Vorwurf war, dass es völlig unverantwortlich von mir war, so etwas zu machen, obwohl ich kein ausgebildeter Therapeut und daher nicht in der Lage bin, so etwas aufzufangen. Das stimmt natürlich, aber ich hätte nicht gedacht, dass es da so etwas zum Auffangen geben würde. Denn die CD ist ja zur Anwendung OHNE Therapeut ausgelegt und mit Bedacht so gemacht, dass z.B. der eigene Tod nur mit großem Abstand betrachtet wird. Die Vorwürfe kamen übrigens nicht von der Mutter oder der betroffenen Jugendlichen, sondern von Eltern, die selbst nicht an der Einheit teilgenommen hatten.
Jetzt bin ich etwas verwirrt und weiß nicht, ob ich unverantwortlich gehandelt habe oder ob so ein Vorfall absolut unwahrscheinlich ist. Daher die Frage an Sie, ob Sie Derartiges bei der Anwendung von Meditationen ähnlich derer auf der CD schon erlebt haben bzw. wie Sie das allgemein einschätzen.
Viele Grüße
Hier meine Antwort:
Sehr geehrter Herr XY
Ehrlich gesagt schockiert mich Ihre Email. Irgendwie hatte ich erwartet, dass erwachsene Personen – auch ohne therapeutische Ausbildung – so viel Vernunft besitzen, diese CD nicht an Kindern oder Jugendlichen zu versuchen und auch nicht zur Gruppenrückführung mit Jugendlichen zu missbrauchen. Natürlich gibt es so genannte Therapeuten die nicht davor zurückschrecken Rückführungen mit Kindern oder Jugendlichen durchzuführen. Ich glaube, ich habe auch irgendwo auf meiner Homepage sehr ausführlich darüber geschrieben, was ich von solchen Menschen halte!
Ich denke, ein Kind hat aus sich heraus nicht das Bedürfnis eine Rückführung zu erleben, weil es sich auch noch gar nicht für solche Dinge interessiert – wenn sind es die Eltern, die Kinder überhaupt erst damit in Kontakt bringen. Bei Jugendlichen ist dies vielleicht schon anders. Fakt ist aber, dass mir bislang noch kein Anliegen von Eltern, die wollten dass ich mit ihrem Kind/Jugendlichen eine Rückführung mache, so plausibel erschien, dass es eine Rückführung gerechtfertigt hätte. Zugegebenermaßen waren die Anliegen der Eltern teilweise durchaus gravierend und dass sie Hilfe suchten war durchaus verständlich, nur dass ich eine Rückführung nicht als eine geeignete Methode betrachte die Kindern wirklich helfen kann.
Außerdem bin ich der Überzeugung – denn dies hat meine Praxiserfahrung gezeigt -, dass die Probleme bei Kindern, egal ob psychisch oder physisch, ihren Ursprung fast immer bei den Eltern haben. (Oder jedenfalls bei Personen zu denen diese Kinder sehr viel Kontakt haben.) Des Weiteren bin ich in erster Linie Therapeutin und die Durchführung von Erlebnis- oder Abenteuer-Rückführungen überlasse ich lieber anderen. Ich denke, dies beantwortet dann auch Ihre Frage hinsichtlich, ob ich schon einmal ähnliches erlebt habe. Natürlich mache auch ich Gruppenrückführungen, aber erstens NUR mit Erwachsenen und zweitens auch NUR mit Personen, mit denen ich vorher mindestens einmal ausführlich gesprochen habe. Und es kommt auch immer wieder vor, dass ich Personen ablehne (egal ob bei Gruppenrückführungen oder für Einzelsitzungen).
Kinder und Heranwachsende sind zudem sehr einfach zu hypnotisieren, weil ihr Verstand noch leicht zu manipulieren ist. Dass die Eltern dieser Kinder, die nicht bei Ihrem “Experiment” dabei waren, nun aufgebracht sind kann ich jedenfalls gut nachvollziehen. Andererseits haben diese natürlich eine Aufsichtspflicht ggü. ihren Kindern und genauso gut könnte man die Eltern fragen, wie so etwas überhaupt geschehen konnte. Aber ich weiß auch, dass man Kinder nicht 24 Std. rund um die Uhr beaufsichtigen kann – besonders nicht, wenn es sich dabei um Jugendliche handelt. In dem Fall müssen die Eltern ein gewisses Maß an Vertrauen haben und hoffen, dass ihre Kinder schon so „erwachsen“ sind, dass sie wissen, wenn sie etwas tun das nicht OK ist. Also gehe ich mal davon aus, dass die betroffenen Jugendlichen Vertrauen in Sie hatten und davon ausgingen, dass wenigstens Sie wissen was Sie tun.
Was die Mutter dieses Mädchens betrifft, ist auch das Handeln der Mutter für mich gänzlich unbegreiflich. Als Mutter eines Kindes das unter Asthma leidet – egal wie lange der letzte Anfall zurückliegt – sollte sie wissen, dass sie ihre Tochter keinesfalls Situationen aussetzt die eventuell unnötigen Stress verursachen könnten. Ich hoffe inständig, dass es dem Mädchen gut geht – ebenso, wie Ihrem eigenen Sohn und den anderen Kindern.
Sehr geehrter Herr …, Sie können sich nicht vorstellen, wie unendlich leid es mir tut und wie schrecklich ich es finde, dass meine CD für so eine Dummheit missbraucht wurde. Mein Anliegen mit der Produktion dieser CD war, das erwachsenen Personen damit ein bisschen mehr über ihre Vorleben erfahren und wenn’s nicht funktioniert, so hat auf jeden Fall die lange Entspannungsmeditation am Anfang der CD doch Möglichkeit Wirkung zu entfalten. Ich werde mir jetzt jedenfalls überlegen müssen, ob ich auf die CD-Hüllen nicht doch noch einen roten Sticker anbringe auf dem explizit steht, dass diese CD nicht für Kinder und Jugendliche geeignet ist und ich hoffe, dass dies der einzige Vorfall dieser Art bleibt. Ich verzichte auch ganz bewusst darauf, Sie zu fragen, was Sie sich dabei gedacht haben. Es soll ja auch Eltern geben, die sich nichts dabei denken, wenn sie ihren Kindern Alkohol zu trinken geben oder sie täglich Zigarettenqualm aussetzen!
Und auch auf die Gefahr hin, dass mir dies schlechte Rezensionen einbringt (darauf pfeife ich ehrlich gesagt), habe ich beschlossen Ihre Mail (natürlich anonym und ohne die Erwähnung Ihres Namens) zu veröffentlichen. Dadurch hoffe ich, dass Ihr Tun letztendlich doch noch zu etwas Gutem beiträgt: der Warnung für andere. Und in diesem Sinne möchte ich mich auch bei Ihnen bedanken, dass Sie mir geschrieben haben. Ich bin mir durchaus bewusst, dass meine Wortwahl Ihnen ggü. alles andere als verständnisvoll ist, aber ich hoffe wirklich, dass auch Sie daraus eine Lehre ziehen und künftig, auch in anderen Situationen, besser überdenken was Sie Kindern zumuten. Auch wenn diese sagen „ja will ich“ oder „ja mach ich“. Oft ist es so, dass Kinder dies sagen, weil sie wissen, dass diese Reaktion von den Eltern erwartet wird oder sie auch noch nicht in der Lage sind wirklich für sich selbst die richtige Entscheidung zu treffen. Bitte vergessen Sie das nicht.
Mit freundlichem Gruß,
Kristine Weitzels.
Titelfoto: Copyright by Kristine Weitzels